Thierry Mugler gefällt oder eben nicht. Viel dazwischen gibt es in der Regel nicht. Entweder man feiert seine Kreationen oder man bekommt Kopfschmerzen – und das trifft auf die Düfte gleichermaßen zu, wie auf seine Mode. Doch wer polarisiert, hat oftmals Erfolg. Das gilt vor allem für die Parfumkreationen des exzentrischen Franzosen. Die Düfte Angel und Alien gelten mittlerweile als Klassiker und reihen sich somit neben großen Parfums wie Chanel No. 5 oder Trésor ein.
Meine Begegnung mit dem Mugler-Engel
Ich persönlich habe eine ganz eigene Erfahrung mit Muglers Engelsparfum gemacht. Als ich einmal wagemutig Angel (großzügig) bei einer bekannten, deutschen Parfumkette ausprobierte, trug die Verkäuferin in ihrem Urteil mindestens so dick auf, wie sie es bei ihrem täglichen Make-Up zu pflegen scheint. Ich würde dufttechnisch an eine pelztragende Oligarchen-Ehefrau erinnern. Empört verließ ich den Laden und stellte fest: Mugler gefällt nicht nur jedem, es steht auch schlicht nur einem ausgewählten Kreis. Und ich gehöre nicht zu diesem „Inner Circle“. Dementsprechend verhalten war meine Einstellung gegenüber der jüngsten Angel-Kreation der französischen Marke. Denn ganz seinem Image entsprechend, beliebt es der Modedesigner neue Wege in der Parfumkreation zu beschreiten. In regelmäßigen Abständen experimentiert Mugler mit seinen Klassikern. So kreierte der gebürtige Straßburger bereits 2007 eine Version von Angel, die – inspiriert an der Cognac-Herstellung in – in Holzfässern reifte. Mazerationsverfahren nennt man diese Vorgehensweise. Es entstand „Angel, Le Part des Anges“.
Der Likör-Engel
Dieses Jahr „toastete“ der Parfümeur seine drei Düfte Angel, Alien und A*Man für Herren. Soll heißen, in Holzfässern, die nach Burgunder Toastingtradition erhitzt wurden, reiften die Wässerchen sechs Wochen lang. Die Idee: Den in der Tendenz eher süßlichen Parfums eine rauchige Note zu verleihen. „Angel, Liquer de Parfum“ ist die jüngste limitierte Likör-Variation des Klassikers, der 1992 erstmals den Markt eroberte. Ich bin neugierig. Ein verrauchtes Parfum? Gewagt. Typisch Thierry eben. Beim Auftragen verströmt der intensive, bekannte Engelsduft und ich bin zunächst wenig überrascht von die Kreation. Doch gut Ding will Weile haben und wie ein guter Cognac, der geschwenkt werden muss, um sein volles Aroma zu entfalten, muss sich auch ein Parfum erst entwickeln. Nach einigen Minuten schnupperte ich ein weiteres Mal kritisch an meinem Handgelenk. Vielleicht war ich beeinflusst von den Hintergrundinformationen, vielleicht vermengte sich auch der Rauch meiner Feierabendzigarette mit dem Duft, doch ich konnte durchaus eine holzige Note erkennen. Und aus irgendeinem Grund, kam mir zudem schlagartig der Gedanke, ich würde, sauber, nahezu rein duften. Wie frisch geduscht und gepudert (quasi engelsgleich). Widersprüchlich zu einer würzigen Rauchnote, aber dennoch wahr. Üblich intensiv ist Angel, Liquer de Parfum wie eh und je. Nur wenige Spritzer genügen und der eher winterliche Duft begleitet einen unentwegt. Diese Tatsache macht auch den kleinen Kritikpunkt wett, dass der Flakon, trotz großer Verpackung, relativ zierlich ist. Rund 70 Euro kosten 30 Milliliter Eue de Parfum der limitierten Edition.
Der Ausspruch meiner wenig charmanten Parfumverkäuferin von vor einigen Jahren dennoch in meinem Gedächtnis und ich fragte mir wohlgesonnene Freunde nach ihrer Meinung. Man war sich einig. Mir persönlich steht der Duft auch als Likörvariante nicht besonders gut. Und auch wenn ich innerlich die Verkäuferin verfluche, muss ich ein weiteres Mal feststellen: Mugler steht eben nicht jedem.