Es gibt viele fragwürdige Schönheits-Trends. Einen, auf den ich kürzlich stieß, verschlug mir allerdings erst einmal die Sprache. Und dafür braucht es einiges. „Cleansing Reduction“ nennt sich die Erscheinung, die besagt, man solle auf Duschen und Haare waschen weitestgehend verzichten. Bitte? Beispielsweise soll sich Prinz Harry seit zwei Jahren die Haare nicht gewaschen haben. Auch die US-amerikanische Schauspielerin Amanda Seyfried schwört bei ihrer Wallemähne auf Trockenshampoo und verzichtet ebenfalls auf Shampoo und Wasser. Kann das sein? Was steckt hinter dem Trend?
Fakt ist: Friseure meinen, zu häufiges Waschen der Haare entziehe der Kopfhaut Talg, daher fetten die Haare zu schnell nach. Allerdings bedeutet das nicht, gänzlich auf das Waschen zu verzichten. Stattdessen gilt: Jeder muss seinen eigenen Wasch-Rhythmus finden. Und immer mal wieder Pausen einlegen. An einem Sonntag im Bett stört es keinen, wenn die Haare ein wenig fettiger sind. Umso kraftvoller und glänzender sind sie dann im frisch gewaschenen Zustand.
Die Waschkultur – früher und heute
Anhänger von „Cleansing Reduction“ sind der Meinung, dass zwei Mal die Woche duschen völlig ausreichend wäre. Alles andere würde die Haut zu stark beanspruchen. Stattdessen soll man zu Parfums und Deos greifen, um nicht zu müffeln. Das erinnert mich an die Zeit des Rokokos. Die höfische Gesellschaft verzichtete auf das Waschen und puderte, schminkte und parfümierte sich stattdessen. Grund dafür: Mit dem Dreißigjährigen Krieg und dem Ausbruch der Pestepidemien war es mit der öffentlichen Hygiene vorbei. Massenhaft wurden Bäder geschlossen – man fürchtete, sich in ihnen mit der tödlichen Seuche anzustecken. In Schlössern gab es sogar eigene Puderkammern. In Frankreich soll es ob des Puderwahns gegen Ende des 18.Jahrhunderts zu einem Mehlmangel gekommen sein. Wenn man bedenkt, dass auf einem einzigen Hoffest etwa 10.000 gepuderte Gäste flanierten, scheint das nicht einmal übertrieben.
Eigentlich hat das Waschen eine lange Tradition. In vielen Religionen und Kulturen sind rituelle Waschungen vorgeschrieben, die der körperlichen und seelischen Reinigung der Gläubigen dienen. Auch im Alltag spielt das Baden schon in der Antike eine große Rolle. Zur Zeit Kaiser Konstantins gab es im alten Rom um die 900 öffentliche Bäder. Baden war Notwendigkeit und Vergnügen zugleich. Im 18. Jahrhundert kehrte die Bäderkultur zurück und die Kurbad-Tradition entstand. Die Sorge, dass man die Haut zu stark mit täglichem Duschen beanspruche, ist unbegründet. Die Reinigung ist sogar für die eigene Gesundheit zwingend notwendig. Es darf also fröhlich weiter gewaschen werden. Stattdessen sollte man sparsam mit den Produkten umgehen und zudem nicht zu heiß und zu lange duschen. Die Umwelt freut es auch.